Raum schaffen – Stille finden

Die aktuelle Situation fordert uns alle mit ungewohnter Intensität: Die Ereignisse überschlagen sich regelrecht, die Newsticker laufen über, die anhaltende Ungewissheit nagt an den Nerven. Bei all dieser Aufregung bietet es sich natürlich an, dir regelmässig einen Moment der Ruhe und Stille zu schenken. Nur: Einfacher gesagt, als getan, nicht wahr? Diese kurze Übungsfolge soll dich auf deinem Weg in die Stille unterstützen und dich so zu einer kurzen, unkomplizierten Verschnaufpause einladen.

Ich habe diese Übungsfolge vor nicht allzu langer Zeit im Rahmen einer Weiterbildung kennengelernt. Für mich hat sie sich unmittelbar als sehr wirksam erwiesen und ist mir in den vergangenen Monaten zur treuen Begleiterin geworden. Wann auch immer die Zeit knapp scheint oder die Umstände ungünstig: Diese kleine, aber feine Übungsfolge passt immer irgendwie rein, schafft Raum und Stille. In einem ersten Schritt öffnen vier Yoga-Haltungen deinen Körper, regen einen harmonischen Energiefluss an und bereiten dich so auf einen Moment der Stille im Sitzen vor. Aus der Stille begleitet dich dann eine sanfte, aber anregende und reinigende Atemübung zurück ins Wachsein. Ich freue mich sehr, diese Übungsfolge aus meiner persönlichen Praxis mit dir teilen zu dürfen und hoffe, dass sie auch dir Freude bereitet.

Was du brauchst: Eine ruhige Ecke, einen ruhigen Ort, wo du dich wohl fühlst und du deine Yoga-Matte (oder Ähnliches) ausrollen kannst. Nach Möglichkeit eine gefaltete oder gerollte Decke als Sitzhilfe und weitere Hilfsmittel für Übung Nr. 4 (der liegende Held), wobei du deiner Kreativität freien Lauf lassen kannst (Kissen, Duvet, …).

Hund

Komm in den nach unten schauenden Hund, deine Hände schulterbreit gesetzt, die Füsse hüftbreit. Deine Hände schickst du aktiv in die Matte und schiebst dich aus den Händen in die Länge. Lass deine Knie leicht gebeugt, damit du deinen Rücken in seine volle länge schicken kannst, die Sitzbeinhöcker leuchten himmelwärts. Bleibe für 10 Atemzüge.

Vorbeuge

Vom nach unten schauenden Hund läufst du deine Füsse nach vorne zwischen deine Hände und setzt sie dort hüftbreit ab. Beug deine Knie grosszügig an und lass dich in eine Vorbeuge sinken. Leg deine Hände auf den unteren Rücken und verhake die Daumen in einander (alternativ kannst du natürlich auch die Finger verschränken). Mit einer tiefen Einatmung löst du die Hände vom Rücken und streckst die Arme an. Atme über den Mund aus und lass dich tiefer in die Vorbeuge und die Hände über Kopf sinken. Bleibe für 10 Atmezüge.

Liegender Held

Finden einen Weg aus der stehenden Vorbeuge und setze dich auf deiner Matte zwischen deine Füsse (alternativ: auf deine Fersen). Halte hier für einige inne und nutze einige Atemzüge, um deine Wirbelsäule in ihre Länge aufzurichten. Mit einer Ausatmung legst du dich dann langsam und achtsam in Richtung Boden ab: Vielleicht kommst du bis auf deine Unterarme, vielleicht legst du dich ganz ab, vielleicht hast du sogar ein Bolster oder andere kreative Hilfsmittel zu Hause (Kissen, gerollte Decken, …), auf die du dich legen kannst.Passe diese Haltung ganz deinen Bedürfnissen entsprechend an und lenke deinen Atem dann über deine Körpervorderseite (mind. 10 Atemzüge).

Yogi’s Choice

Bevor du dich in Stille hinsetzt, lässt du dich von deiner Intuition leiten und wählst noch eine Yoga-Haltung für dich aus, die sich für dich, in diesem Moment als richtig anfühlt. Ich persönlich wähle hier fast ausnahmslos immer eine liegende Drehung …das ein kleiner Tipp meinerseits ;). Dazu legst du dich mittig auf deiner Matte auf deinen Rücken, stellst die Füsse vor dem Gesäss auf, rutsch mit dem Becken erst ein wenig nach rechts und lässt dann beide Beine nach Links kippen. Deine Arme positionierst du vielleicht ausgestreckt auf Schulterhöhe, vielleicht greifst du über Kopf nach den gegenüberliegenden Ellbogen – fühl dich auch hier frei, dich möglichst angenehm einzurichten. Bleibe so lange, wie du möchtest und gehe dann zur anderen Körperseite über (von der Mitte aus das Becken nach links rutschen, beide Beine nach rechts ablegen).

Stille

Finde nun in einen dir bequemen Sitz, der dir eine aufrechte Haltung ermöglicht. Vielleicht setzt du dich auf eine gefaltete Decke, um dein Becken ein wenig zu erhöhen und deiner Wirbelsäule Länge zu schenken. Platziere deine Arme und Hände so, dass sich deine Schultern entspannen können. Schaue für einem Moment deinem Atem zu, wie er fliesst. Versuche nicht, ihn zu lenken. Lass ihn fliessen, gib dich deinem Atem hin und folge seinem natürlichen Fluss. Wenn Ruhe einkehrt, dein Geist sich entspannt, lass für einen Moment auch deinen Atem aus deiner Aufmerksamkeit ziehen, gib dich dem Moment hin, der Schwingung, die aus deinem tiefsten Innern dringt. Lass dich in diese Schwingung eintauchen. Lass dich einen Moment, auch wenn das nur wenige Minuten sind, in Stille sitzen. Beende deine kurze Stille-Mediation möglichst sanft und langsam: Finde zuerst deinen Atem wieder, finde zurück in deinen Körper und dann erst öffnest du deine Augen mit einem blinzeln wieder, den Blick für einen Moment noch auf dem Boden ruhend.

Einfache Wechselatmung

Vorbereitungen

Gerne kannst du diese Übungsfolge mit einer reinigenden Atemübung abschliessen und dich so langsam wieder auf den Weg ins Aussen begeben. Wenn du nun schon etwas länger in Stille gesessen bist, magst du vielleicht deine Hüften und Beine etwas lösen, indem du die Füsse vor dem Gesäss aufstellst und die Knie abwechselnd von rechts nach links schickst (Scheibenwischer), die Beine danach ausstreckst und die Zehenspitzen abwechselnd von rechts nach links schickst (oder die Beine einfach ausschüttelst). Finde für die Atemübung nochmals in einen bequemen, aufrechten Sitz.

Für die Handhaltung wählst du als RechtshändlerIn deine rechte Hand und klappst an dieser Zeige- und Mittelfinger zur Handfläche ein (Bild 6). Für das abwechselnde Verschliessen und Öffnen der Nasenlöcher wirst du dann rechts den Daumen (Bild 7) und links den Ringfinger (Bild 8) einsetzen. Beim Verschliessen der Nase setze jeweils bitte nur sanften Druck ein, ohne dir dabei die Nase zu verbiegen. Wenn dir das Atmen durch ein Nasenloch schwerer fällt als durch das andere oder sogar beide Nasenlöcher verstopft scheinen, versuche das Nasenloch bzw. die Nasenlöcher nicht ganz zu verschliessen oder sogar nur in Gedanken zu verschliessen. Denn: Die Wechselatmung lässt sich in einer besonders sanften Variante prächtig auch nur mit gedanklicher Absicht üben.

 

Übungsablauf

Runde 1:

  • Atme einmal tief über die Nase ein und dann vollständig über den Mund aus.
  • Verschliesse dein rechtes Nasenloch und atme über das offene linke Nasenloch ein (bspw. auf 4, 5 oder 6)
  • Verschliesse links, öffne rechts und atme rechts über die doppelte Zählzeit aus.
  • Atme über das rechte offene Nasenloch ein (bspw. auf 4, 5 oder 6)
  • Verschliesse rechts, öffne links und atme links über die doppelte Zählzeit aus.

Wiederhole für zwei oder drei weitere Runden. Versuche möglichst Anstrengung zu vermeiden und gib dir Zeit, in die Atemübung hineinzuwachsen. Erhöhe die Anzahl Runden langsam und nur soweit, wie du mit angemessener Lässigkeit üben kannst. Beende die letzte Runde mit einer Ausatmung aus dem linken Nasenloch. Atme dann noch einmal über tiefe über beide Nasenlöcher ein und lasse die Ausatmung vollständig über den Mund ausfliessen. Lass die Atemlenkung dann los, lass deinen Atem frei fliessen und spüre einem Moment nach. Wenn du dich bereit fühlst, mach dich in aller Ruhe auf den Rückweg, deine Augen mit einem sanften Blinzeln öffnend, den Blick für einen Moment noch auf dem Boden ruhen lassend.

Diese grundlegende, klassische Wechselatmung lässt sich in einer Vielzahl von Variationen und Steigerungen üben. Mehr dazu findest du bald, hier auf auf unserer Home Practice Plattform. 🙂

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